Beratungskonzept/-angebot

 

Bedingungsanalyse

Seit dem  das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2011 (1 BvR3295_07 vom 11.01.2011) das biologische vom juristischen Geschlecht getrennt hat, sind die Anträge auf Vornamens- und Personenstandsänderungen nach dem Transsexuellengesetz (TSG) bundesweit sprunghaft angestiegen.

Fälle im Jahr 2010
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Fälle im Jahr 2011
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Vor dem Jahr 2011 mussten betroffene Personen sich für die Personenstandsänderung durch medikamentöse oder operative Eingriffe in den Körper unfruchtbar machen lassen. Diese schweren Eingriffe in ihren Körper wollten viele Trans* nicht über sich ergehen lassen und unterließen somit die Änderung des Personenstands und beantragten somit lediglich die Vornamensänderung.
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts trauen sich immer mehr Menschen frei zu leben und sich als Trans* zu outen. Jeder Mensch hat das Recht, das Geschlecht selber zu bestimmen unabhängig von staatlicher, juristischer, medizinischer, gesellschaftlicher oder religiöser Einflussnahme. Die jüngere Generation Trans* lässt sich generell ihr Leben nicht verbieten, wie es die heutigen Spätgeouteten erlebt haben. Ältere Trans* haben durch ihr spätes Outing sehr viel Lebenszeit eingebüßt.
Das Thema Trans* ist auf dem Weg in die gesellschaftliche Mitte und langsam beginnt ein Prozess der Enttabuisierung.
Gerade neuere Entwicklungen wie mehr Aufmerksamkeit in den Medien, die Planung eines neuen Trans*- Gesetzes, die Entwicklung einer neuen S-3-Behandlungsleitlinie „Geschlechtsdysphorie“ und die Entpathologisierung von Transsexualität sind als sehr positiv zu bewerten. Endlich erhalten Trans* auch von staatlicher Seite mehr Aufmerksamkeit für ihre Bedarfe und wird endlich die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gestärkt, in dem Minderheiten gezielt gefördert werden.
Trans*Menschen sind eine Minderheit in der Gesellschaft, die trotz aller Verbesserungen in den letzten Jahren immer noch diskriminiert wird. Ja sogar Gewalterfahrungen haben viele Trans* gegen sich ergehen lassen müssen. Es ist immer noch nicht alles gut. Von daher besteht Handlungsbedarf nicht nur von staatlicher Seite sondern wir stehen vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die darin mündet, dass Trans* ihr Leben wie ganz selbstverständlich und wie alle andere Menschen auch führen können.

Aufgrund der steigenden Zahlen von Trans*, die sich outen, entsteht folglich auch ein größerer Beratungsbedarf für diese  Gruppe, der vor allem im ländlichen Raum von keiner Stelle abgedeckt wird. Zudem haben ältere Trans* häufig einen jahrelangen Leidesweg hinter sich, weil sie versteckt lebten und auch nie die Gelegenheit hatten, sich mit anderen Menschen über dieses Thema auseinanderzusetzen. Wie groß der Beratungsbedarf in Wirklichkeit sein wird, kann im Moment nicht abschließend gesagt werden. Wichtig ist es aber, die Sichtbarkeit eines seriösen Beratungsangebots für Menschen auf dem Land zu schaffen, damit es eine Anlaufstelle gibt, an die sich Betroffene wenden können. Einrichtungen wie die z. B. Diakonie genießen ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung und führen selber psychosoziale Beratung durch. Damit würde die Diakonie die Anliegen von Trans*Menschen unterstützen und mit diesem Angebot auch sichtbar sein. Dieses Beratungsangebot hätte damit einen weiter gefassten Charakter als das alleinige Angebot einer Selbsthilfegruppe.

Trans* sind häufig suizidal. Das ist ein Ergebnis der Euro Transgender Study von 2008. D. h. neben dem Angebot einer Peer-to-Peer-Beratung wäre ein Beratungsmix mit professionellen Berater*innen, Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen oder Ärzt*innen wünschenswert.

Trans* Net OHZ ist im Januar 2016 als Netzwerk/SHG gestartet und hat seitdem mehr als 30 Betroffene sowie zum Teil auch deren Angehörige und Eltern mit transidenten Kindern beraten. Nicht alle Betroffenen wollen das im Rahmen der SHG-Treffen machen, obwohl es sich hier um einen geschützten Raum handelt, sondern bitten auch um Beratung außerhalb dieser Zeiten. Häufig wird die Beratung in Bremen, die im Rat & Tat Zentrum angeboten wird, nicht angenommen, weil die Betroffenen Angst haben, sich in eine Art „Szene“ begeben zu müssen. Das Rat & Tat Zentrum wird vom Land  Bremen finanziert und ist deswegen auf Aktivitäten im Land Bremen begrenzt.

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